Canon Academy

Langzeitbelichtungsfotos mit dem Bulb–Aufnahmeprogramm "B"

Extrem lange belichten

Lesedauer ca. 8 Minuten
Hilfreich?

Nach 30 Sekunden ist Schluss. Zumindest, wenn es um die reguläre Belichtungszeit deiner EOS geht. Über das Aufnahmeprogramm "B", das für "Bulb" (engl. Glühbirne) steht,  kannst du längere Belichtungszeiten jenseits der 30-Sekunden-Grenze einstellen.

Das Aufnahmeprogramm Bulb ist, je nach Kameramodell, entweder direkt auf dem Einstellrad für die Aufnahmeprogramme zu finden oder es wird im manuellen Modus "M" aktiviert.  Dann erscheint bei den Verschlusszeiten nach der Belichtungszeit "30 Sekunden" die Anzeige "B" oder "Bulb".

Blaue Stunde

Wenn das Licht schwindet, ist die Zeit für Langzeitbelichtungen gekommen

Die Funktion des Bulb-Modus besteht im Wesentlichen darin, dass der Verschluss der Kamera geöffnet bleibt, solange du den Auslöser gedrückt hältst. Bei längeren Belichtungszeiten empfiehlt sich ein Fernauslöser beziehungsweise bei unterstützten EOS-Modellen das Auslösen per EOS Remote App. So verhinderst du versehentliche Erschütterungen der Kamera.
In einigen EOS-Modellen kannst du im Bulb-Menü den „Lanzeitbelichtungstimer“ nutzen. Über diesen kann die Belichtungszeit präzise in Stunden, Minuten, Sekunden vorgeben werden.

Bei langen Belichtungszeiten tritt je nach Kameramodell stärker oder schwächer der Effekt des Bildrauschens auf. Dieser wirkt dann besonders ausgeprägt, wenn du auch noch hohe ISO-Empfindlichkeiten bei der Langzeitbelichtung nutzt.

Die Funktion „Rauschunterdrückung bei Langzeitaufnahmen“ reduziert diesen Effekt. Die EOS Kamera macht dabei automatisch eine zweite Aufnahme mit geschlossenem Kameraverschluss. Durch die Subtraktion des zweiten von dem ersten Bild werden das Rauschen und die Pixelfehler minimiert. Allerdings verdoppelt sich die Aufnahmedauer eines jeden Bildes. Bei langen Belichtungen von mehreren Minuten ist das optimal. Die im roten Kameramenü zu findende Einstellung Rauschreduzierung bei Langzeitbelichtung bietet bei Wahl des Parameters "Auto" eine Rauschreduzierung bei allen Bildern, die länger als eine Sekunde belichtet werden. Bei der Auswahl „Aktivieren“ werden alle Bilder entrauscht.

Zusätzlich bietet einige EOS Modelle die „High-ISO-Rauschreduzierung“. Deren Optionen sind abhängig von den Einstellungen der Rauschreduzierung bei Langzeitbelichtungen. Neben "Gering", "Standard", und "Stark" kombiniert die Multi-Shot-Rauschreduzierung vier aufeinander folgende Aufnahmen zu einem rauschärmeren Einzelbild. Dies funktioniert allerdings nur im JPEG-Format und bei deaktivierter Rauschreduzierung bei Langzeitbelichtung. Eine Blitzunterstützung ist dabei ebenfalls nicht möglich.

Bulb-Modus "B"

Der Charme der Langzeitbelichtung – eine Frage der Zeit
Was tun mit der durch Langzeitbelichtung gewonnenen Zeit? Die Zeitspanne im Bulb-Modus reicht von 30 Sekunden bis zum von der jeweiligen Kamera unterstützten Maximum von mehreren Minuten. Das bietet dir ausreichend Zeit, um kreativ zu werden.
Beispielsweise kannst du zusätzliches Licht ins Spiel bringen, um Motivteile oder -bereiche entsprechend anzuleuchten. So kannst du den Blick des Betrachters im Bild lenken oder bestimmte Motivteile für den Betrachter aufmerksamkeitssteigernd hervorheben. Bei der Wahl der Lichtquelle steht dir von der Taschenlampe bis zum Blitzgerät eine breite Palette zur Auswahl.
Genau wie beim Stativ gilt auch hier: Das beste Equipment ist das, was man dabei hat. Ein Canon Speedlite oder eine leistungsstarke Taschenlampe passen in jede Fototasche. Aktuelle LED-Taschenlampen schaffen auch schon 1.500 bis 3.000 Lumen.

Leistung ist aber nichts ohne Kontrolle und von daher sollte die Taschenlampe dimmbar sein bzw. über eine Leistungsregulierung verfügen. Für den Einstieg ist die Taschenlampenvariante besser geeignet, da du einen direkten Eindruck von der Helligkeit und Intensität bekommst. Verstellbare Leuchtwinkel helfen dir, das Licht zu streuen oder zu bündeln. Vom Flächenlicht bis zum Spot kann eine solch ausgestattete Taschenlampe vielseitig eingesetzt werden. Multicolor LEDs bringen zudem noch Farboptionen ins Spiel.

Die Canon Speedlite Kompaktblitze geben ihr Licht im Bruchteil einer Sekunde ab. Die verbleibende Zeit bei der Langzeitbelichtung bleibt dem Umgebungslicht vorbehalten oder kann für weitere "kreative Zusätze" genutzt werden. Per Licht- oder Funksignal kabellos und entfesselt gezündet, bleibt sogar die E-TTL-Messung erhalten und unterstützt den Fotografen bei der Belichtung. Gut für spontane und bewegte Motive.

Die Blitzlichtwirkung ist vorab allerdings schwierig einzuschätzen. Ohne zusätzliche Lichtformer ist Blitzlicht zudem recht hart. Jedoch lässt sich eine große Palette an Lichtformern und Farbfiltern zusammen mit den Kompaktblitzen verwenden, was nochmal ein enormes kreatives Potenzial bietet.

Egal ob Taschenlampe oder Speedlite-Systemblitz - die passende Belichtungseinstellung findest du durch Ausprobieren. Als Grundeinstellung startest du bei Langzeitbelichtungen im Bulb-Modus. Deine Wunschblende stellst du fest ein, bei der Belichtungszeit hängt es dann von der Intensität der Lichtquelle und vom Umgebungslicht ab, wie lange du den Verschluss offen hältst. Während dieser Zeit kannst du Kreativtechniken wie das Wanderlicht einsetzen.

Natürliches Licht + Kunstlicht = Mischlicht

Bei einigen Motiven der Architektur-, Reise- und Urlaubsfotografie trifft natürliches Licht auf Kunstlicht. Beispielsweise bei angeleuchteten Monumenten, Wahrzeichen und Bauwerken, die bei Einbruch der Dämmerung stimmungsvoll angeleuchtet werden. Besonders attraktiv kannst du diese Motive zur blauen Stunde inszenieren. Zu dieser Zeit bietet dir der Himmel eine gewisse Resthelligkeit, vor dem dein angestrahltes Motiv besonders plastisch wirkt.

Damit du dein angestrahltes Motiv auch richtig belichtest, solltest du die Spotmessung oder die Selektivmessung deiner EOS verwenden und eine relativ hell angeleuchtete Stelle des Bauwerkes anmessen. So stellst du sicher, dass du im späteren Bild keine ausfressenden Lichter ohne Zeichnung hast. Alternativ kannst du mit der Mehrfeldmessung und der Belichtungskorrektur arbeiten und dabei das Histogramm im Auge behalten. Du stellst solange eine Minuskorrektur ein, bis du die hellen Bildbereiche auf der rechten Seite des Histogramms eingefangen hast.
Den Weißabgleich stellst du idealerweise auf die dominante Lichtquelle ein.

Also wenn dein Bauwerk mit Halogenstrahlern angeleuchtet wird, dann ist „Kunstlicht“ die richtige Wahl. Mischlicht-Situationen zwischen Tages- und Kunstlicht sind manchmal schwierig einzuschätzen. Wer es ganz genau wissen will, der kann einen manuellen Weißabgleich durchführen. Dafür gibt es im Zubehörsortiment verschiedener Anbieter spezielle Weißabgleich-Einstellfilter.

Beim Fotografieren im RAW-Format können Weißabgleich und Bildstil im Nachhinein eingestellt werden. Für JPEG-Fotografen ist der Bildstil „neutral“ eine gute Wahl.

Nützliches Zubehör sind ein Stativ und Fernauslöser oder die Camera Connect App, um bei längeren Belichtungszeiten erschütterungsfrei auslösen zu können. Mit diesem Equipment ausgestattet kannst du sogar Personen vor deinen Bauwerken „verschwinden“ lassen. Denn mit einer extrem langen Belichtungszeit blendest du bewegte Objekte einfach aus.